Kategorie: 2007

Kritiken aus dem Jahr 2009

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2007, Kritiken

Welch’ ein Feierklang

Suhl – Besser hĂ€tten die Suhler gar nicht auf den heutigen Heiligen Abend eingestimmt werden können, als mit diesem gelungenen Konzert des ThĂŒringer MĂ€nnerchores Ars Musica gestern, am vierten Advent, in der Kreuzkirche. Die war wieder – wie in den Jahren zuvor – bis auf den letzten Platz gefĂŒllt. Sogar StĂŒhle mussten in das Kirchenschiff hineingetragen werden, weil unten die SitzbĂ€nke all die vielen Besucher – trotz Aufforderung zum engeren Beieinandersitzen – nicht mehr aufnehmen konnten. Ein GedrĂ€nge, wie am Heiligabend. Der MĂ€nnerchor weiß eine große Sympathiegemeinde in Suhl hinter sich. Dieses Konzert, dass schon seit vielen Jahren stets am vierten Advent erfreut, gehört zu Suhl wie der Waffenschmied auf dem Markt.

Und außerdem – wer hĂ€tte das gedacht? Als nach neunzig Minuten besten Chorgesangs die Zuhörer beglĂŒckt und in aufgekratzter Stimmung die Kirche verließen, da hatte der liebe Herrgott zur großen Überraschung feinsten glitzernden Schnee ĂŒber Suhl ausgeschĂŒttet, so dass zumindest nun in der Nacht auf Heiligabend das ersehnte Weihnachtsweiß die Landschaft ĂŒberpuderte. Bilderbuchwetter am Vorabend des Festes, grad so, als ob die MĂ€nner von Ars Musica das herbei gesungen hĂ€tten.

Erstmals restaurierte Orgel dabei

Die Kreuzkirche ist fĂŒrs Weihnachtskonzert ihr Stammplatz. Doch in diesem Jahr kam ein besonderer Umstand hinzu. Erstmals erklang dabei in voller Schönheit die restaurierte Eilert-Köhler-Orgel. FĂŒr deren Wiederherstellung hatte sich auch Ars Musica in allen frĂŒheren Auftritten eingesetzt und Teile der Konzerterlöse immer wieder gespendet. Nun gab sie erstmals den feierlichen Rahmen fĂŒr das Weihnachtsprogramm, das damit perfekt wurde, mit Glöckchenspiel und anderen reizvollen KlĂ€ngen zum Auftakt und einem weiteren Werk mittendrin. Nur schade, dass den Zuhörern nicht mitgeteilt wurde, welche StĂŒcke KMD Elisabeth Schubert eigens dafĂŒr ausgewĂ€hlt hatte.

Chorleiter Hubert Voigt hat ein gutes GespĂŒr fĂŒr die Dramaturgie eines Konzertes, wenngleich die SpielrĂ€ume bei weihnachtlichen Weisen natĂŒrlich nicht unbegrenzt sind. Da gesellt sich Traditionelles zu weniger Bekanntem, doch auch einige neue, fĂŒr die Suhler unbekannte Werke kamen diesmal hinzu. So beispielsweise von Andreas Hammerschmidt (1612-1675) „Öffnet die Tore weit“. Eröffnet wurde das Programm mit einem Werk des 20. Jahrhunderts, Anton Schönlingers (1919-1983) „Winterklage“, ein getragenes Werk, das zu Herzen geht und Besinnung aufkommen lĂ€sst. Dann folgten Lieder, die einfach zu Weihnachten gehören, ob die Volksweise „Maria durch ein’ Dornwald ging“, HĂ€ndels „Tochter Zion“, „Alle Jahre wieder“, „Adeste fideles“ oder „Kommet ihr Hirten“. Dazwischen Gounods kunstvolles „Ave Maria“ oder das schlichte „Ein Kind ist uns geboren“, ein typisch alpenlĂ€ndisches Weihnachtslied. Lieder, wie sie zum Repertoire guter Chöre einfach gehören.

Was dieses Konzert von Ars Musica erneut so besonders machte, war die gesangliche QualitĂ€t der mehrsĂ€tzigen MĂ€nnerstimmen, die wiederum mit einem feinen, relativ hellen, warmen Ton beeindruckten. Hervorzuheben ist auch, wie Hubert Voigt die meisten Lieder anlegt. Die sind eher still und verinnerlicht in ihrer Gestaltung, auf die Reize der Tonschöpfungen bedacht und gehen gerade durch die Schlichtheit ihrer Interpretation sehr zu Herzen, indem sie alles RĂŒhrselige wohltuend beiseite lassen.

NatĂŒrlich singt das Publikum wieder mit, die beiden altbekannten Kanons „Hosianna“ und „Mache dich auf und werde Licht“ kennt man hier gut. Besser als mit „Stille Nacht, heilige Nacht“ hĂ€tte der Nachmittag nicht ausklingen können.

Am Ausgang spendeten die Suhler wieder fĂŒr ihre Eilert-Köhler-Orgel. Und Ars Musica spendet die Einnahmen dieses Konzertes erneut, wie bereits 2006, fĂŒr eine Armenschule in Santiago de Chile, die von der evangelisch-lutherischen Versöhnungsgemeinde ermöglicht wird. Das Geld, das die SĂ€nger Ostern nĂ€chsten Jahres selbst ĂŒbergeben wollen, dient diesmal dem Kauf von SchulbĂŒchern. Mitmenschlichkeit ist Ars Musica Herzenssache.

[message_box type=“note“ icon=“yes“ close=“Hide“]Erschienen im Freien Wort 24.12.2010
Autor: Lilian Klement

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2007, Kritiken

500 Besucher erleben Hubert Voigts Sternstunde

WANGEN – Eine Sternstunde des Chorgesangs haben am Samstagabend in der St. Martinskirche 500 Besucher erlebt. Der Kammerchor der Jugendmusikschule und der ThĂŒringer MĂ€nnerchor „Ars Musica“ boten anspruchsvolle Notenliteratur und stimmliche QualitĂ€t auf höchstem Niveau.


So schön und beglĂŒckend kann Chormusik sein! Eineinhalb Stunden lang KlangfĂŒlle zum Niederknien, saubere Intonation und stilistische Sicherheit zum SchwĂ€rmen, schmiegsame Dynamik und feine Gestaltung gerade bei den sakralen GesĂ€ngen zum den Atem anhalten! Herz, was begehrst du mehr? Aber der Mensch ist nun einmal unersĂ€ttlich. Und so wirkte die AnkĂŒndigung, dass es auf jeden Fall ein Wiederhören geben wird, wenngleich Chorleiter Hubert Voigt nun in den Ruhestand gehen wird, wie ein Pflaster auf den Abschiedsschmerz.

14 Jahre lang war Voigt als Gesangslehrer und Chordirigent an der Jugendmusikschule tĂ€tig. AnknĂŒpfend an seine jahrzehntelange Berufserfahrung als Leiter des Knabenchores der Suhler Philharmonie baute er in dieser Zeit einen Nachwuchschor, einen Knaben- und einen MĂ€dchenchor auf. Aus Letzterem entstand 1998 der Kammerchor, dessen gesangliche FĂ€higkeiten 2005 beim internationalen Johannes-Brahms-Wettbewerb in Wernigerode mit dem „Silbernen Diplom“ ausgezeichnet wurden.

Dass dies keine auf ein einziges Ziel hingefĂŒhrte Leistung war, sondern sich wie ein kostbares Band von Auftritt zu Auftritt zog und zieht, dass bewiesen Voigt und die jungen Damen auch in Wangen. Ihr „Kyrie eleison“ von Sylke Zymbel wurde ebenso fein wie andĂ€chtig, die englische Hymne „Herr, bleib bei uns“ kam klar und ohne Makel, die Lieder von Robert Schumann und Johannes Brahms bestachen durch Liebreiz.

Im ersten Teil hatte „Ars Musica“ mit ebenso innig wie feierlich gesungenem Lobpreis Gottes aufhorchen lassen. Besonders kam diese Kunst der sakralen Liedinterpretation beim „Kyrie“ von Konstantin TĂŒrnpu zum Tragen. Oder bei Rolf Lukowskys „Ave Maria“, das so hingebungsvoll vorgetragen wurde, dass man eine Stecknadel hĂ€tte fallen hören können. Wie Hans Georg NĂ€gelis „Motette“ mit einem so hingehauchten „Amen“ endete, dass sicherlich so mancher eine GĂ€nsehaut bekommen haben dĂŒrfte.

Nachdem Ingeborg Kempter, langjĂ€hrige SchĂŒlerin von Hubert Voigt und nun an der Hochschule ausgebildete SĂ€ngern, bei einem wunderschönen Magnificat (John Rutter) von Georg Enderwitz an der Orgel begleitetet worden war, vereinten sich die Chöre zu einem Ganzen. Zart schmelzend kam „Die Nachtigall“ von Mendelssohn Bartholdy, das Herz berĂŒhrend das „Fahr‘ wohl“ von Brahms.

Freude fĂŒr Musik vermitteln

Die drei großen Chorwerke von Rachmaninow, Archangelski und Tschaikowski, die das Marienlob und die Verherrlichung Gottes zum Inhalt hatten, bildeten den strahlenden Abschluss des Konzertes. Es gab „Standing Ovations“ und die Zusicherung auf eine Zugabe: „Ave Maria“ von Anton Bruckner. UnĂŒbertroffen! „Sie sind die Perle im Kranz der JMS, die hoffentlich noch lange ihren Glanz behĂ€lt!“ Noch ganz unter dem Einfluss des „himmlischen Vortrages“ dankte Verbandsvorsitzender Josef Köberle Hubert Voigt wie allen SĂ€ngern fĂŒr ihr „Geschenk“. Und Mitwirkende Veronika Teufel bescheinigte dem Chorleiter: „Sie haben uns die Freude und das GefĂŒhl fĂŒr die Musik vermittelt und uns durch die Konzertreisen und die Treffen mit Ars Musica unvergessliche Erinnerungen ermöglicht!“

[message_box type=“note“ icon=“yes“ close=“Hide“]Erschienen in der SchwĂ€bischen Zeitung 26.06.2007[/message_box]

2007, Kritiken

Ein Orgelfest mit Nachklang

Nach Tagen des Feierns kehrt nun der Alltag ein: Mit einem Abschlussgottesdienst ging gestern in der Kreuz- kirche die Festwoche aus Anlass der Wiedereinweihung der Eilert-Köhler-Orgel zu Ende.

SUHL – Dort, wo vor Wochenfrist die Feierlichkeiten fĂŒr die restaurierte Königin der Instrumente begannen, fanden sich viele Suhler noch einmal zusammen, um die bewegende und in der Suhler Kirchengeschichte unvergessliche Woche mit einem ganz besonderen Gottesdienst ausklingen zu lassen. Und es schien, als könnten die Suhler von ihrer alten, neuen Orgel einfach nicht genug kriegen, denn einmal mehr strömten viele Besuchern und GĂ€sten in das Kirchenschiff.

Vor allem die musikalische Umrahmung machte das Besondere dieses Gottesdienstes aus. Mit dem ThĂŒringer MĂ€nnerchor „Ars musica“ erfuhr KMD Elisabeth Schubert an der Orgel stimmgewaltige UnterstĂŒtzung. FĂŒr die SĂ€nger um Hubert Voigt war die Mitgestaltung eine Herzensangelegenheit, gehörten sie in den zurĂŒckliegenden Jahren doch zu den engagiertesten UnterstĂŒtzern der Orgelsanierung. Bei ihren Weihnachtskonzerten kamen aus Eintrittsgeldern und Spenden beachtliche Summen zusammen, die einen gewichtigen Teil der Gesamtfinanzierung ausmachten. Deshalb sei man sehr froh, dass der Chor nun auch einen Anteil bei der Ausgestaltung der Festwoche habe, sagte Superintendent Martin Herzfeld.

Zur Festpredigt ließ er gestern gern Elfriede Bergrich den Vortritt. Die Pröpstin der evangelischen Propstei Erfurt-Nordhausen, von der die Orgelsanierung ebenfalls große UnterstĂŒtzung erfuhr, hatte bereits am Freitag das Wandelkonzert von Elisabeth Schubert besucht und zeigte sich tief beeindruckt von der immensen KlangfĂŒlle des Instruments. „Diese Harmonie und dieser Reichtum ist ein Abbild der FĂŒlle und Vielfalt Gottes“, sagte sie in ihrer Predigt. Mit großer Freude und Dankbarkeit sei sie nach Suhl gekommen. Nicht nur der Stadt und der Kirchgemeinde, sondern auch der Propstei habe die Wiedereinweihung der Orgel großen Aufwind gegeben. „Suhl ist mit Orgeln nun ĂŒberaus ĂŒppig ausgestattet. Die Welt zwischen den beiden Kirchen mit ihren musikalischen Kleinoden muss diese nun verbinden. Mögen sie gespielt und gehört werden zum Lob Gottes, zur Auferbauuung der Gemeinde und zur Freude und StĂ€rkung fĂŒr ein fröhlich Herz der Kommenden“, sagte sie. In der zurĂŒckliegenden Woche habe sie Suhl kaum wieder erkannt. „Man hat gemerkt, welche Kraft die Musik hat.“ Gerade weil die Kirchenmusik so positiv ausstrahle, sei es wichtig, ihr genĂŒgend Raum zu geben. Dies mĂŒsse sich in der Personalpolitik der Kirchenprovinz widerspiegeln. „Da sollte man die Pfarrstellen den Kantor- und Organistenstellen nicht vorziehen.“

Nach der großen Aufgabe der Sanierung und der unvergesslichen Festwoche mit namhaften Organisten werde man sich nun der Aufgabe stellen, die Orgel im Alltag rege zu nutzen, blickte Martin Herzfeld voraus. „Die Sommerorgelkonzerte werden ihren Beitrag dazu leisten. Außerdem denken wir ĂŒber sporadische, kurze Orgelandachten in der Mittagszeit nach.“

Was bleibt nach dieser Festwoche? „Ich hoffe, die fröhliche AtmosphĂ€re in den Gottesdiensten. Und die erlebte Erkenntnis vieler Besucher, dass Kirche etwas Bereicherndes im Leben sein kann“, so der Superintendent, der nach eigenen Worten begeistert ĂŒber die große Anteilnahme der vielen, vielen Konzertbesucher ist. Die Eilert-Köhler-Orgel habe in vollem Umfang gehalten, was Experten vor und wĂ€hrend ihrer Sanierung versprachen. Dies mit eigenen Ohren gehört zu haben, sei ein sehr schönes, erbauendes GefĂŒhl, so Herzfeld. Ein GefĂŒhl, dass er mit vielen Suhlern und Orgelfreunden der ganzen Region nach einer unvergesslichen Festwoche teilt.

[message_box type=“note“ icon=“yes“ close=“Hide“]Erschienen im Freien Wort 11.06.2007

Autor: Georg Vater

Foto: frankfoto.de

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2007, Kritiken

Die wunderbaren FlĂŒgel des Gesangs

ARS MUSICA UND ALLGÄUER KAMMERCHOR – So schön kann ein Abschiedskonzert sein: GlĂ€nzende Augen und Dankesworte an Hubert Voigt

Es gibt Konzerte, da muss man erst von deren Ende schreiben, bevor man zum Anfang kommt. Weil dies etwas mit ihrem besonderen Charakter und dem Ort zu tun hat. So wie jenes am Sonntag in der Hauptkirche. Noch dazu, wenn Abschied im Spiele ist.
SUHL – Weil nĂ€mlich einer seinen Abschied gibt, der nicht mehr in dieser Stadt wohnt, aber dennoch nicht von ihr lassen kann. Weil Menschen dieser Stadt ihn feiern, ihm Danke sagen und ihn an ihr Herz drĂŒcken. So, als sei er doch nie weg gewesen.

Das ist schon eine eigentĂŒmliche Situation.
Als erster bedankt sich Superintendent Martin Herzfeld fĂŒr Hubert Voigts und Ars Musicas Treue zu Suhl. Herzfeld, der 2002 hierher kam, weiß wenig um die Vorgeschichte, aber um die wunderbaren Konzerte alljĂ€hrlich in der Kreuzkirche, und er weiß um die UnterstĂŒtzung von Voigt und seinen SĂ€ngern fĂŒr die Eilert-Köhler-Orgel. Auch dank der Konzerte dieses Chores, verbunden mit Spenden von BĂŒrgern, kamen betrĂ€chtliche Summen fĂŒr die Restaurierung zusammen. An jenem Sonntag noch einmal rund 500 Euro, die beim Orgelbauförderverein willkommen sein dĂŒrften. Herzfeld bekommt glĂ€nzende Augen, wenn er von seiner Freude ĂŒber dieses Konzert spricht, das er nicht vergessen wird.

Bach und Wein Auch Kulturamtsleiter Matthias Rolfs hat glĂ€nzende Augen. Er ĂŒberreicht Hubert Voigt einen guten Tropfen Wein aus jenem Gebiet, das der MusikpĂ€dagoge seit vierzehn Jahren genauso gut kennt wie die Suhler Umgebung, und Noten eines Komponisten, der ThĂŒringen ebenfalls gut kannte: Johann Sebastian Bach. Beifall vom Publikum. Doch dann spricht Rolfs den Zuhörern so eigentlich aus dem Herzen. Er lobt Voigt als einen KĂŒnstler, der mit Leidenschaft an seinem Beruf hĂ€nge und dem die hiesigen BĂŒrger viel verdankten. „Herr Voigt, Sie haben sich die Treue, den Respekt und die Liebe der Suhler erworben – das schafft hier nicht jeder.“

Tosender Applaus dafĂŒr, als sollte damit jedes Wort nochmals extra unterstrichen werden. Die Suhler, die an jenem Nachmittag auf den KirchenbĂ€nken sitzen, wissen, warum sie kamen. Weil sie sich Hubert Voigt verbunden fĂŒhlen, weil sie seine Arbeit schĂ€tzen und weil sie in Erwartung eines besonderen Erlebnisses sind. Das sie auch bekommen. Am Ende große Freude auf allen Gesichtern – beim Publikum, das begeistert stehend applaudiert, und bei den Akteuren, die so viel Herzlichkeit und Sympathie vielleicht nicht unbedingt erwartet hatten. Und mittendrin ein sichtlich ergriffener Hubert Voigt. So schön kann ein Abschied in Suhl sein.

Da möchte man doch gar nicht daran rĂŒhren, dass es vor vierzehn Jahren allen Ernstes Stimmen in der Stadt gab, die Konzerte von Ars Musica zu boykottieren … „Die Zeit ist ein sonderbar Ding“, das wusste schon Straussens Marschallin im „Rosenkavalier“.

Die Zeit, sie ist auch fĂŒr Voigts aktives Berufsleben abgelaufen. Der Ruhestand in Sicht. Bei ihm dĂŒrfte es eher ein Unruhe-Zustand werden. Denn wer solche großartigen Chöre geformt hat, wie diese beiden, der dĂŒrfte nicht sogleich loslassen wollen. Und weil Ars Musica und dieser vorzĂŒgliche MĂ€dchenkammerchor der Jugendmusikschule „WĂŒrttembergisches AllgĂ€u“ in Wangen diese zweite Lebensleistung Voigts – nach dem Suhler Knabenchor – so wunderbar widerspiegeln, war es naheliegend, sie in einem gemeinsamen Konzert zu vereinen. Hört her – so können Chöre klingen, wenn man Kraft, Können und Leidenschaft investiert. Und wenn man junge Menschen auf einen anstrengenden, aber lohnenden kĂŒnstlerischen Weg mitzunehmen versteht.


Ein Konzert zweier Amateurchöre dieses Niveaus dĂŒrfte so bald in Suhl nicht wiederholbar sein. Ars Musica war auf den Punkt prĂ€sent, wie es wohl nur Auftritte unter besonderen UmstĂ€nden ermöglichen. Opulente, relativ helle TonfĂŒlle, flexible Dynamik, saubere Intonation und stilistisch sicher in den geistlichen GesĂ€ngen zwischen Altem Musiker Purcell und Neutöner Lukowsky. TĂŒrnpus verhaltendes „Kyrie“ – ein Musterbeispiel an stimmlicher Beweglichkeit und feiner Gestaltung.

Exzellent die hell strahlenden MĂ€dchen- und Frauenstimmen. Schumanns „Wassermann“ so betörend, beinahe naiv und dennoch abgrĂŒndig zu singen, das funktioniert nur, wenn die Stimme solistisch trainiert ist und beherrscht wird. Auch Brahms „Vier Lieder aus dem Jungbrunnen“ sind Herausforderungen, die eines soliden Fundamentes bedĂŒrfen. Im letzten Teil des Programms setzt Voigt dann ganz auf die Klang-Besonderheit eines gemischten Chores. Und aufs effektvolle Repertoire, wozu zweifellos GesĂ€nge der russischen Liturgie gehören. Die hat sich Ars Musica schon vor Jahren in beeindruckender Wiedergabe erobert. Mit den kontrastierenden weiblichen Stimmen bekommen Tschaikowskis und Archangelskis Liturgien zudem einen ganz eigentĂŒmlichen Reiz. Und wenn sie nicht so inniglich und schlicht gesungen worden wĂ€re – man hĂ€tte diese Zugabe von Bruckners „Ave Maria“ fast ein wenig als koketten allerletzten Schlusspunkt einer wunderbaren Begegnung auf den FlĂŒgeln des Gesangs empfinden können. Aber eben nur fast.

[message_box type=“note“ icon=“yes“ close=“Hide“]Erschienen im Freien Wort 23.05.2007
Autor: Lilian Klement
Foto: frankfoto.de
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2007, Kritiken

Ein großes StĂ€ndchen zum Abschied

ARS MUSICA UND ALLGÄUER KAMMERCHOR

Ein Suhler ist er schon lange nicht mehr. Doch es zieht ihn immer wieder in die Stadt zurĂŒck, der er vor vierzehn Jahren nur ungern den RĂŒcken kehrte und ihr trotzdem etwas hinterließ: den Knabenchor. Der wĂ€re ohne Hubert Voigt undenkbar.

SUHL – Auch wenn der Chor heute ein anderer ist als damals, 1992, auf seinem Höhepunkt.

Zwanzig mĂŒhsame Jahre hatte Voigt dorthin gebraucht. Es brauchte keine zwanzig Jahre, ihn wieder in die kĂŒnstlerische Bedeutungslosigkeit versinken zu lassen. FĂŒr die Stadt ist er sicher weiter eine reizvolle Facette im GefĂŒge der verschiedenen Chöre, aber nicht mehr jene Perle, die sie einstmals war.

Ein Teil dieses Knabenchores, der 1972 entstand, lebt heute in Ars Musica weiter, bis auf zwei sind alle MĂ€nner durch Voigts Schule gegangen. Ars Musica ist eine verschworene, ĂŒber Jahrzehnte verbundene Gemeinschaft, ein erstklassiger, preisgekrönter MĂ€nnerchor mit Suhler Wurzeln. Ob der entstanden wĂ€re, wĂ€re Voigt nicht vergrault worden? Aber wie so vieles im Leben hat jedes Ding zwei Seiten. In diesem Falle Ars Musica.

Und weil das so ist, gibt es fĂŒr den 64-jĂ€hrigen Hubert Voigt gute GrĂŒnde, seinen beruflichen Ausstand im Sommer nicht nur in der neuen Heimat Wangen mit einem feinen Konzert zu geben, sondern auch in Suhl. Jene Stadt, die er von 1969 bis 1993 als ChorpĂ€dagoge maßgeblich prĂ€gte. Der er eine gewisse Treue hielt, und sei es nur mit den monatlichen Proben von Ars Musica im Heinrichser Gemeindehaus und ein bis zwei Konzerten jĂ€hrlich. Das jĂŒngste fand unmittelbar vor Heiligabend in der Kreuzkirche statt und war wie so viele Jahre zuvor ein SelbstlĂ€ufer beim Publikum.

Der Auftritt an diesem Sonntag in der Hauptkirche ist fĂŒr Voigt nicht nur deshalb ein ungewöhnlicher, weil er sich in den „Altersruhestand“ zurĂŒck zieht, wie er sagt, sondern auch, „weil es in den Sternen steht, ob ein Programm dieser Gestalt ĂŒberhaupt noch einmal denkbar wĂ€re“.

Was Hubert Voigt spricht, klingt ein wenig verrĂ€tselt, klĂ€rt sich aber, wenn man auf die Mitwirkenden und auf den Inhalt schaut. Neben Ars Musica kommt der Kammerchor der Jugendmusikschule „WĂŒrttembergisches AllgĂ€u“ in Wangen nach Suhl. Eines jener leistungsstarken Ensembles, die Voigt dort zielstrebig aufgebaut hat. Die MĂ€dchen sind bekannt fĂŒr ihr exzellentes Singen, beim internationalen Johannes-Brahms-Wettbewerb 2005 in Wernigerode erhielten sie ein Silbernes Diplom. Beide Chöre bringen einen eigen Programmteil zu Gehör und gestalten zudem einen gemeinsamen Part.

Lebensleistung

Ars Musica hat dafĂŒr Werke des 17. bis 20. Jahrhunderts ausgewĂ€hlt – von Henry Purcells „Lobt den Herrn der Welt“, ĂŒber „Cantate“ von Richard Strauss bis zum „Ave Maria“ von Rolf Lukowsky. Der Kammerchor aus dem AllgĂ€u hingegen setzt den Schwerpunkt mit romantischem Liedgut, beispielsweise Brahms‘ „Vier Lieder aus dem Jungbrunnen“. Der gemeinsam gesungene Teil beginnt mit Felix Mendelssohn Bartholdys „Die Nachtigall“ und endet mit einer Liturgie von Tschaikowski.

Einen zusĂ€tzlichen Reiz erfĂ€hrt das Konzert eben durch jene Mischung der Stimmen, von denen die jĂŒngste weiblich und fĂŒnfzehn ist und die Ă€lteste vierzig und mĂ€nnlich.

Voigt merkt man schon am Telefon die besondere Freude auf diesen Auftritt an. Selbst wenn das Programm am Samstag bereits in der Erfurter Reglerkirche erklingt – Suhl ist eben noch immer ein besonderes Pflaster fĂŒr ihn. Hier hat der ehrgeizige wie fĂ€hige PĂ€dagoge und KĂŒnstler den grĂ¶ĂŸten Teil seiner Lebensleistung gebracht, und hier ist er in gewisser Weise darum gebracht worden. „Der Knabenchor war mein Fleisch und Blut“, bekennt er selbst nach vierzehn Jahren noch.

Nein, er hadert nicht mehr, dass Suhl damals leichtfertig eine Chance vertan hat, dem seinerzeit außergewöhnlich hohen Niveau des Knabenchores eine Perspektive zu geben. Voigt hatte sie in der Anbindung an das Herder-Gymnasium gesehen. Das Kultusministerium – damals mit Dieter Althaus als Minister – war bereit, die Weichen zu stellen. In Suhl winkte man ab. Was hĂ€tte heute sein können …

Der Knabenchor wurde zu DDR-Zeiten – 1977 – dank des damaligen Chefdirigenten der Philharmonie, Siegfried Geißler, an das Orchester angegliedert, Voigt bekam dort eine Stelle. Der erfahrene Chefdirigent wusste sehr wohl, warum er dies tat. Er sah die Möglichkeiten und Potenzen des sich entwickelnden Ensembles, und er sah, dass da einer war, der die FĂ€higkeiten hatte, aus der 1972 gegrĂŒndeten Sangesgemeinschaft von kleinen Jungs einen veritablen Knabenchor zu machen und dafĂŒr die richtigen Bedingungen brauchte. Einen Chor nach internationalem Vorbild war Voigts klares Ziel.

Motivieren, Begeistern

Die Zukunft sollte zeigen, dass Geißler recht behielt. AllmĂ€hlich formten sich das Klangbild, der Ton, die Ausstrahlung. Der Name „Suhler Knabenchor“ erlangte einen guten Ruf, die Suhler traten regelmĂ€ĂŸig im Fernsehen auf und konnten mit den leistungsstarken Sangesknaben der Republik in Jena, Dresden oder Frankfurt mithalten. Sogar eine viel beachtete UrauffĂŒhrung des Komponisten JĂŒrgen Golle „Die BĂ€ume“ gelang hier.

Voigt wusste, dass man einen Chor mit Kindern und Jugendlichen reifen lassen muss und nicht ĂŒberfordern darf. Dazu gehörte ebenso eine kluge Werkauswahl. An Bachs Motette „Jesu, meine Freude hat er vier Jahre gearbeitet, bis sie auffĂŒhrungsreif war. Vertrauensvoll und vĂ€terlich streng sei sein Umgang mit den Jungs gewesen, wiewohl das Gewinnen und Begeistern nicht minder wichtig gewesen seien. FĂŒr einen Großteil seiner Knaben war es derart prĂ€gend, dass sie den Gesang in Ars Musica mit ihm fortsetzten. Bis auf den heutigen Tag.

[message_box type=“note“ icon=“yes“ close=“Hide“]Erschienen im Freien Wort 18.05.2007Autor: Lilian Klement[/message_box]