2007, Kritiken

Welch’ ein Feierklang

Suhl – Besser hätten die Suhler gar nicht auf den heutigen Heiligen Abend eingestimmt werden können, als mit diesem gelungenen Konzert des Thüringer Männerchores Ars Musica gestern, am vierten Advent, in der Kreuzkirche. Die war wieder – wie in den Jahren zuvor – bis auf den letzten Platz gefüllt. Sogar Stühle mussten in das Kirchenschiff hineingetragen werden, weil unten die Sitzbänke all die vielen Besucher – trotz Aufforderung zum engeren Beieinandersitzen – nicht mehr aufnehmen konnten. Ein Gedränge, wie am Heiligabend. Der Männerchor weiß eine große Sympathiegemeinde in Suhl hinter sich. Dieses Konzert, dass schon seit vielen Jahren stets am vierten Advent erfreut, gehört zu Suhl wie der Waffenschmied auf dem Markt.

Und außerdem – wer hätte das gedacht? Als nach neunzig Minuten besten Chorgesangs die Zuhörer beglückt und in aufgekratzter Stimmung die Kirche verließen, da hatte der liebe Herrgott zur großen Überraschung feinsten glitzernden Schnee über Suhl ausgeschüttet, so dass zumindest nun in der Nacht auf Heiligabend das ersehnte Weihnachtsweiß die Landschaft überpuderte. Bilderbuchwetter am Vorabend des Festes, grad so, als ob die Männer von Ars Musica das herbei gesungen hätten.

Erstmals restaurierte Orgel dabei

Die Kreuzkirche ist fürs Weihnachtskonzert ihr Stammplatz. Doch in diesem Jahr kam ein besonderer Umstand hinzu. Erstmals erklang dabei in voller Schönheit die restaurierte Eilert-Köhler-Orgel. Für deren Wiederherstellung hatte sich auch Ars Musica in allen früheren Auftritten eingesetzt und Teile der Konzerterlöse immer wieder gespendet. Nun gab sie erstmals den feierlichen Rahmen für das Weihnachtsprogramm, das damit perfekt wurde, mit Glöckchenspiel und anderen reizvollen Klängen zum Auftakt und einem weiteren Werk mittendrin. Nur schade, dass den Zuhörern nicht mitgeteilt wurde, welche Stücke KMD Elisabeth Schubert eigens dafür ausgewählt hatte.

Chorleiter Hubert Voigt hat ein gutes Gespür für die Dramaturgie eines Konzertes, wenngleich die Spielräume bei weihnachtlichen Weisen natürlich nicht unbegrenzt sind. Da gesellt sich Traditionelles zu weniger Bekanntem, doch auch einige neue, für die Suhler unbekannte Werke kamen diesmal hinzu. So beispielsweise von Andreas Hammerschmidt (1612-1675) „Öffnet die Tore weit“. Eröffnet wurde das Programm mit einem Werk des 20. Jahrhunderts, Anton Schönlingers (1919-1983) „Winterklage“, ein getragenes Werk, das zu Herzen geht und Besinnung aufkommen lässt. Dann folgten Lieder, die einfach zu Weihnachten gehören, ob die Volksweise „Maria durch ein’ Dornwald ging“, Händels „Tochter Zion“, „Alle Jahre wieder“, „Adeste fideles“ oder „Kommet ihr Hirten“. Dazwischen Gounods kunstvolles „Ave Maria“ oder das schlichte „Ein Kind ist uns geboren“, ein typisch alpenländisches Weihnachtslied. Lieder, wie sie zum Repertoire guter Chöre einfach gehören.

Was dieses Konzert von Ars Musica erneut so besonders machte, war die gesangliche Qualität der mehrsätzigen Männerstimmen, die wiederum mit einem feinen, relativ hellen, warmen Ton beeindruckten. Hervorzuheben ist auch, wie Hubert Voigt die meisten Lieder anlegt. Die sind eher still und verinnerlicht in ihrer Gestaltung, auf die Reize der Tonschöpfungen bedacht und gehen gerade durch die Schlichtheit ihrer Interpretation sehr zu Herzen, indem sie alles Rührselige wohltuend beiseite lassen.

Natürlich singt das Publikum wieder mit, die beiden altbekannten Kanons „Hosianna“ und „Mache dich auf und werde Licht“ kennt man hier gut. Besser als mit „Stille Nacht, heilige Nacht“ hätte der Nachmittag nicht ausklingen können.

Am Ausgang spendeten die Suhler wieder für ihre Eilert-Köhler-Orgel. Und Ars Musica spendet die Einnahmen dieses Konzertes erneut, wie bereits 2006, für eine Armenschule in Santiago de Chile, die von der evangelisch-lutherischen Versöhnungsgemeinde ermöglicht wird. Das Geld, das die Sänger Ostern nächsten Jahres selbst übergeben wollen, dient diesmal dem Kauf von Schulbüchern. Mitmenschlichkeit ist Ars Musica Herzenssache.

[message_box type=”note” icon=”yes” close=”Hide”]Erschienen im Freien Wort 24.12.2010
Autor: Lilian Klement

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