Kategorie: 2018

Kritiken und Berichte aus dem Jahr 2018

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Fest-Einstimmung vom Feinsten

So wie es die Suhler kennen und lieben setzt in diesem Jahr der Männerchor Ars Musica wieder den glänzenden Schlusspunkt hinter die Reihe der Adventskonzerte. Und das mit bewegendem Hintergrund.

Von Heike Hüchtemann
Suhl – Nein, die Suhler haben die Sänger des Thüringer Männerchores nicht vergessen. Auch wenn der im vergangenen Jahr aussetzen musste und es kein Adventskonzert in die Kreuzkirche gab, so wie in den 24 Jahren zuvor. Ihr langjähriger Leiter Hubert Voigt ging in den Ruhestand und ein neuer Leiter war noch nicht verfügbar. Jetzt ist er da: Maik Gruchenberg. Und was er mit den Sängern in das Gotteshaus zaubert, das einmal mehr über 1000 Suhler und deren Gäste füllen, ist eine Einstimmung auf das Weihnachtsfest nach Maß. Das meint nicht nur das anspruchsvolle Programm, die stimmlichen Qualitäten der Sänger und das brillante Orgelspiel von Philipp Christ. Es sind auch die Momente, die das Herz wärmen.

Foto: frankphoto.de
Bewegende Erinnerung
Da ist diese Erinnerung an das Konzert des Knabenchores vor 30 Jahren, als viele der heutigen Ars Musica-Sänger noch kleine Jungs waren. Armenien wurde von einem Erdbeben erschüttert und zu großen Teilen zerstört. Knabenchor-Leiter Hubert Voigt wollte mit Pfarrer Hans Michael helfen, Spenden sammeln – mit einem Konzert in der Kirche. Sie hatten es trotz vieler Widerstände und des Verbotes, in der Kirche aufzutreten, geschafft. 12 000 Mark sind damals zusammengekommen. In Erinnerung an dieses denkwürdige Ereignis, werden nun wieder für Armenien Spenden gesammelt. Für eine Schule in einen armenischen Dorf. Der Botschafter Armeniens in Deutschland, Seine Exzellenz Ashot Smbatyan, hat es sich nicht nehmen lassen, genau dieses Konzert zu besuchen, mit dem seinem Heimatland erneut geholfen werden soll. „In jenem Dezember 1988 standen uns viele in der Welt hilfreich zur Seite, aber die Hilfe, die vor 30 Jahren von dem Suhler Konzert zu uns kam, hat mich besonders bewegt“, sagt der Botschafter. Bis heute seien nicht alle Wunden geheilt und es berühre ihn
sehr, dass erneut von Suhl aus Armenien Hilfe angeboten wird. Und das auf eine ganz wunderbare Weise. Denn Ars Musica hat in sein Programm ein armenisches Weihnachtslied aufgenommen, dessen Interpretation Ashot Smbatyan in höchsten Tönen lobt. Selbst die Sprache sei sehr authentisch rübergekommen. „Ich habe in meiner ganzen Amtszeit noch nicht erlebt, dass ein Chor ein Weihnachtslied aus meiner Heimat gesungen hat“, sagter sichtlich ergriffen. Zu diesem Stück gesellen sich alte Lieder wie „Tochter Zion, freue dich“ von Georg Friedrich Händel, das der Chor in einer Bearbeitung von Wolfram Buchenberg (geboten 1962) singt. Zu hören ist auch „Hoch tut euch auf“ von Christoph Willibald Gluck. Ebenso eine Melodie aus Frankreich, die den Titel „Veni Emmanuel“ trägt. „Schöner Stern, da bist du wieder, weckst in uns die alten Lieder“ – diese und noch mehr schöne Zeilen von Ludwig Winand (geboren 1940) tragen die Männer über ihre Stimmen durch das Kirchenschiff, bevor Philipp Christ an der Eilert-Köhler-Orgel das Concerto G-Dur von Johann Sebastian Bach spielt.
5000 Euro für die Schule In stimmigem Kontrast dazu lässt Ars Musica „Hallelujah“ von Leonard Cohen in einem Arrangement von Maik Gruchenberg erklingen und „Whisper! Whisper“ von Jay Althouse, um dann von der Moderne wieder zu alten Liedern wie „Maria durch ein Dornwald ging“ zu schwenken. Dieser faszinierende Mix bekommt durch das Concerto in B von Georg Friedrich Händel – gespielt von Philipp Christ an der Orgel – eine weitere wohlklingende Zutat. Und die erinnert an ein verpasstes (oder verspätetes) kleines Jubiläum. Denn 2017 – in dem Jahr also, in dem Ars Musica kein Adventskonzert gab – ist es genau zehn Jahre her gewesen, dass erstmals in alter neuer Schönheit die Eilert-Köhler-Orgel nach ihrer Restaurierung den feierlichen Rahmen für ein Konzert des
Männerchores bot. Für deren Wiederherstellung hatten sich auch die Sänger in früheren Auftritten eingesetzt und Teile der Konzerterlöse gespendet. So wie in diesem Jahr für die Schule in Armenien. Bei dem Konzert am Sonntagnachmittag sind sage und schreibe 4862 Euro zusammengekommen. Die Sänger haben auf 5000 Euro aufgerundet. „Ein großartiges Ergebnis“, sagt Torsten Weiß, der ankündigt, dass der Chor die Spende selbst in das kleine Dorf in Armenien bringen wird. Und wer weiß, vielleicht geben die Männer dort auch ein Konzert. Möglicherweise in der Schule?

Mehr als 1000 Menschen sind in die Kreuzkirche gekommen, um nach einjähriger Pause wieder ein Adventskonzert mit Ars Musica zu erleben. Und das stand diesmal im Zeichen der Hilfe für eine Schule in Armenien.
Besser hätte die Einstimmung auf das Weihnachtsfest wirklich kaum gelingen können. Schöner Gesang und feine Musik, die es nicht nur zum Vergnügen des Publikums gibt, sondern auch mit Gedanken an Menschen, die Hilfe brauchen. Gut gestimmt und mit gewärmten Herzen, entlässt Ars Musica sein Publikum in die Weihnachtstage. Allerdings nicht ohne, mit den Zuhörern gemeinsam „Seht, die gute Zeit ist nah“ zu singen und nach Klassikern wie „Süßer die Glocken nie klingen“ oder „Es ist ein Ros entsprungen“ Zugaben beispielsweise mit „Stille Nacht“ zu geben. So freut sich Suhl nicht nur auf das Fest, sondern auch darauf, dass nun alle Jahre wieder Ars Musica dem vierten Advent ein helles Licht aus wunderbarem Gesang und Mitmenschlichkeit aufsetzt.

Generalprobe für Konzert, mit dem auch 30 Jahre zurückgedacht wird

Der Thüringer Männerchor Ars Musica hatte am 1. Adventsonntag zwar nur ein kleines Publikum in der Dreieinigkeitskirche in Stützerbach, aber eine große Aufgabe. Dies war die Generalprobe für das Weihnachtskonzert.

Stützerbach/Suhl – Lukas Annemüller war begeistert, als der Thüringer Männerchor Ars Musica aus Suhl in der Stützerbacher Kirchgemeinde nachfragte, ob er dort am ersten Adventsonntag ein Konzert geben dürfe.
Dass es nur ein kleines Publikum wurde, lag am kurzfristig gesetzten Termin. Eigentlich wollten die Sänger, die allesamt dem Suhler Knabenchor entwachsen sind, in der Kirche in Frauenwald singen. Da dort aber an diesem Tag die Frauenwalder Weihnacht gefeiert wurde, mussten sie ausweichen. „Wir haben geschaut, was in der Nähe liegt“, sagt Maik Gruchenberg, der den Chor leitet. Im Abstand von vier Wochen treffen sich die Sänger an den Wochenenden zu Proben. Aus ganz Deutschland und dem Ausland kommen sie dafür in ihren Heimatort Suhl. Zum Schluss der Probephase wurde eine Möglichkeit gesucht, das gerade erarbeitete Programm vor Publikum vorzustellen. Somit war der Auftritt die Generalprobe für das Konzert, das am vierten Advent in der Suhler Kreuzkirche stattfindet.

Der Thüringer Männerchor Ars Musica gab in der Dreieinigkeitskirche in Stützerbach ein Konzert. Foto: Marina Hube


„Wir haben relativ viele neue Stücke“, sagt der Chorleiter. Das Publikum war begeistert und nicht nur Lukas Annemüller, der zwischen den Gesangpartien weihnachtliche Orgelmusik spielte, bekam ein Kribbeln auf der Haut, bei diesen klaren Stimmen, die die anspruchsvolle Chormusik perfekt interpretierten.Natürlich forderten sie auch das Publikum auf, ein Lied mitzusingen. Und so füllte sich der Kirchenraum der Dreieinigkeitskirche mit dem gemeinsamen Gesang vom „Stern über Bethlehem“.
Seit vielen Jahren ist es Tradition, dass Ars Musica zum vierten Advent in Suhl zu hören ist. Nach der Verabschiedung von Hubert Voigt musste das Weihnachtskonzert im vergangenen Jahr ausfallen. Nun findet es wieder statt – am Sonntag, 23. Dezember, 15 Uhr, in der Kreuzkirche. Und das unter der neuen Leitung von Maik Gruchenberg. Der ehemalige Suhler ist heute als Sänger des Opernchores in Halle und als Leiter der Halleschen Kantorei bekannt. Erklingen wird traditionelle und moderne Advents- und Weihnachtsmusik, unter anderen von Georg Friedrich Händel, Michael Praetorius und Leonard Cohen. An der Orgel wird Kantor Philipp Christ zu erleben sein.
Aber nicht nur weihnachtlich geprägt wird dieses Konzert sein. Es wird auch an ein Ereignis von vor 30 Jahren erinnern. Am 7. Dezember 1988 gab es ein verheerendes Erdbeben in der damaligen Sowjetrepublik Armenien, in dessen Folge über 25 000 Tote zu beklagen waren. Millionen Menschen waren von Obdachlosigkeit betroffen – mitten im eisigen Winter des Kaukasus. Hubert Voigt und der damalige Pfarrer Michael riefen zu einem Benefizkonzert in die Suhler Hauptkirche auf, welches dann nur zehn Tage später stattfand.
Über 1000 Suhler folgten dem Aufruf und gemeinsam konnten 12 000 Mark zugunsten der armenischen Erdbebenopfer gespendet werden. Dieses Konzert, kurzfristig organisiert und durchgeführt von einem staatlichen Ensemble in einer Kirche mit einem solchen Besucherandrang, war unter den damaligen politischen Verhältnissen etwas Außergewöhnliches, und es ergaben sich daraus auch disziplinarische Konsequenzen für die Initiatoren. 30 Jahre später möchte der Thüringer Männerchor Ars Musica mit vielen ehemaligen Sängern des Suhler Knabenchores an dieses Ereignis erinnern und mit einem Teil der Konzerterlöse die Arbeit der Mittelschule von Litschk in der armenischen Region Gegharkunik unterstützen. Das Dorf Litschk hat etwa 3000 Einwohner und befindet sich in einer abseits gelegenen Region mit schwacher Infrastruktur und hoher Arbeitslosigkeit. Die Schule hat sich Deutsch als erste Fremdsprache gewählt.