Vor 50 Jahren haben 53 Knaben unter Leitung von Hubert Voigt zum ersten Mal geprobt. Jetzt steht der nur noch 17-köpfige Knabenchor mit Männern auf der Bühne, die ihre Karriere in dem Klangkörper hinter sich und noch immer Freude am Singen haben.

Schöner die Stimmen nie klingen … Nie schöner als in diesem Zusammenspiel von gestandenen Männern, Kindern und Jugendlichen, die nicht nur die Freude am gemeinsamen Gesang vereint, sondern der Suhler Knabenchor. Der feiert am Samstag seinen 50. Geburtstag. Und wie! Sie alle bringen auf die Bühne der bis unters Dach voll besetzten Hauptkirche, was wohl kaum eine andere Stadt aufzuweisen hat – einen etwa 50 Stimmen starken Männerchor aus Ars Musica und anderen ehemaligen Sängerknaben, der den Knabenchor in seine Mitte nimmt. Schöner hätte das Symbol dafür, dass die Mitgliedschaft im Knabenchor nicht irgendwas ist, sondern etwas für das ganze Leben, nicht inszeniert werden können. Das Konzert verbindet die Freude von heute mit den Erinnerungen von gestern. Und es zeigt, welche Gemeinschaft aus dem Knabenchor heraus gewachsen ist.

Spannender Musik-Bogen
Aus dem Knabenchor, für den jetzt Max Rowek Aufbauarbeit leistet und vor allem Nachwuchsarbeit. Der Auftritt der Knaben überrascht. Mit Können. Anspruch. Mit Hingabe. Bei dem Magnificat quarti toni mit Cellosoloeinlagesätzen zum Beispiel, das einen musikalischen Bogen über einen Zeitraum von etwa 475 Jahren spannt. Maik Gruchenberg, der Leiter des Männerchors Ars Musica, stimmt Antiphone an, die an schlichte Psalmengesänge erinnern, der Knabenchor löst ihn ab und Karima Albrecht am Cello hat ihren Einsatz. Sie lässt Improvisationen hören, selten gehörte Töne, die mitunter sphärisch klingen, kaum noch einem Cello zuzuordnen sind und sie liefert einen modernen Kontrast zu der sehr alten Musik. Für den einen mag das spannend sein, für den anderen Geschmackssache. Interessant aber ist das allemal. Freilich singt der Knabenchor auch traditionelle, wunderbar arrangierte Weihnachtslieder wie „Sind die Lichter angezündet“ oder „Leise rieselt der Schnee“. Und die jungen Sänger ernten Beifall über Beifall für ihren Auftritt, mit dem sie sich und ihren Chorleiter Max Rowek für all die Probenarbeit belohnen.

Kreiskantor Philipp Christ spielt die wunderbare Fuga Sopra il Magnificat auf der Orgel und dann gehört die Bühne dem Männerchor Ars Musica. Den Männern also, die vor Jahrzehnten im Suhler Knabenchor groß geworden sind und das Singen nicht sein lassen konnten. Zum 20. Geburtstag des Knabenchores, haben sie sich auf Bitten von Hubert Voigt noch einmal zusammengefunden und waren erstaunt, dass ihre Stimmen noch immer eine gute Qualität haben. So beschlossen sie, als Männerchor Ars Musica weiter zu singen. Das machen sie nun schon seit 30 Jahren, begeistern bei Konzerten, füllen Kirchen und Hallen, gehen auf Konzertreisen ins Ausland und setzen immer wieder soziale Projekte um. Nun singen sie unter anderem „O Heiland reiß die Himmel auf“ und den Klassiker „O Tannenbaum“. Und das mit herrlich modernen Zitaten, ohne den klassischen Bezug zu verlieren.

Emotionen mit Botschaft
Schließlich steht sich Ars Musica etwa 20 anderen ehemaligen Sängerknaben gegenüber, die eigens für das Geburtstagskonzert geprobt haben und in ihre Heimatstadt gereist sind. Maik Gruchenberg leitet beide Chöre und führt sie zusammen. Nein, auch diese Ehemaligen haben nichts verlernt, auch wenn mancher Stimme vielleicht ein bisschen Training fehlt. Zusammen bringen sie Lieder wie „Süßer die Glocken nicht klingen“ und „Tochter Zion, freue dich!“ zu den Ohren des Publikums, das begeistert ist.
Zu toppen ist das nur noch durch den vorletzten Programmpunkt. Durch den gemeinsamen Gesang von Ars Musica, Ehemaligen und dem Knabenchor, die „Drei Könige wandern aus Morgenland“ interpretieren. Dabei halten sich die Männerstimmen so dezent im Hintergrund, dass die Stimmen der mutigen Knaben regelrecht leuchten können. Was für künstlerische, was für emotionale Momente! So manchem im Publikum stehen die Tränen in den Augen. Es ist ein Genuss. Es ist eine Botschaft. Der Knabenchor ist im Herzen der Suhler zu Hause.

Text: Heike Hüchtemann/ Fotos: frankphoto.de