Zwölf Tage war der Thüringer Männerchor Ars Musica auf Gastspielreise in Japan. Das Ensemble gab Konzerte in Tokio, Osaka und der historischen Stadt Nara und erlebte japanische Lebensweise.
Suhl – “Japan ist anders”, Chormitglied Alexander Vierling steht dieser Tage noch, wie die anderen Mitglieder von Ars Musica ebenfalls, unter den Eindrücken dieser ungewöhnlichen Gastspielreise. Am Wochenanfang sind die Sänger und ihr Leiter Hubert Voigt wieder zurückgekehrt. Zwanzig Stunden unterwegs, von Osaka nach Frankfurt, via Dubai, das ist schon eine Weltreise.
Der Chor war zwar schon einmal in Fernost, in China, aber das Erlebnis Nippon, das ist nicht zu vergleichen, sagt Vierling, und sortiert selbst nach ein paar Tagen daheim das Erlebte. Insgesamt sieben Konzerte haben die Sänger gegeben, davon vier in Tokio, zwei in Osaka und eines in Nara, der allerersten Hauptstadt Japans, deren unzählige beeindruckende Tempelanlagen zum Unesco-Weltkulturerbe gehören. Es war eine völlig andere Welt, in die der Männerchor mit Wurzeln im Suhler Knabenchor eintauchte.
Tokio, sagt Vierling, sei für die meisten von ihnen zunächst ein Schock gewesen, die Stadt mit über 13 Millionen Einwohnern gleiche einem Moloch, wohin man schaue grauer Beton, und kaum Grün. Und dass mehrmals am Tage die Erde leicht wackelte, auch daran mussten sie sich erst einmal gewöhnen. Die japanischen Menschen haben sie als ausgesprochen höflich und mit einer guten Umgangskultur erlebt. Und selbst wenn Atomkraftgegner – wie in Tokio erfahren – auf die Straße gehen, läuft alles sehr diszipliniert ab. Nur sprechen, so Vierling, mochte keiner der Demonstranten darüber, “sie schämen sich für ihre Regierung, dafür dass so etwas zugelassen wurde”, das habe er den wenigen Worten entnommen, die manche der Atomkraftgegner dann doch fallen ließen.
Viel über die japanische Mentalität erfuhr Ars Musica während der Konzerte, alle sehr gut besucht. “Die Atmosphäre war sehr interessant, das Publikum reagiert nicht so euphorisch, ist dafür aber sehr sachkundig. Die Leute wissen einfach, was sie hören, haben sehr hohe Qualitätsansprüche, zeigen Herzlichkeit und sind sehr, sehr deutsch-affin”, schildert er seine Beobachtungen.
Bei zwei Konzerten in der Hauptstadt brachte der Chor das Requiem von Gabriel Fauré zu Gehör. Unterstützt wurde er dabei von japanischen Solisten, dem Frauenchor Tokio, den Joy Singers und bei einer Aufführung zudem durch ein japanisches Instrumentalensemble. Das Erstaunen war groß, als sich die transportable Orgel als ein Ladegast-Instrument aus Rudolstadt entpuppte, das schon etliche Jahrzehnte auf dem Buckel hatte.
Der gemeinsame Auftritt mit dem Mädchenchor einer Highschool in Kawasaki, einem Vorort von Tokio – der zählt immerhin 1,4 Millionen Einwohner – endete schließlich, wie die anderen A-cappella-Konzerte ebenfalls, mit dem gemeinsamen Gesang des populären japanischen Volksliedes “Akatombo”, übersetzt “Rote Libelle”. Den Japanern ist das so bedeutungsvoll wie den Deutschen das Heideröslein.
Und immer, egal ob in Tokio, Osaka oder Nara – nach den Auftritten gab es stets ein Zusammensein mit dem jeweiligen gastgebenden Chor, Essen, Trinken, Teezeremonie, nette Gespräche. Für manches Zusammensein schlüpften die Ars-Musica-Männer sogar in einen Kimono. In Nara, während des Auftrittes in der örtlichen Bibliothek gemeinsam mit einer japanischen Sängerin, wo sich wahnsinnig viele Zuhörer drängten, kamen die Thüringer Männer nicht umhin, als Zugabe und zur besonderen Freude des Publikums den Schlusschor aus Beethovens 9. Sinfonie zu singen.
Gesehen haben die Sänger auch Etliches in den jeweiligen Städten. Für den größten Fischmarkt der Welt in Tokio sind sie sogar mitten in der Nacht aufgestanden. Die perfekte organisatorische Unterstützung vor Ort leisteten die Deutsch-Japanischen Gesellschaften. Als Begleiter reiste zudem der Leiter der Saalfelder Vocalisten Gerhard Häußler mit. Sein Ensemble hatte die gleiche Reise schon einmal 2007 gemacht.
Erschienen im Freien Wort 26.04.2013
Autor: Lilian Klement
Foto: Yumiko Hiraki
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